Maria F. fühlt sich schon seit einigen Monaten nicht richtig wohl, doch seit zwei Wochen ist die 28-jährige richtig beunruhigt. Sie hat das Gefühl, nicht mehr richtig schlucken zu können – als sitze ein Fremdkörper in ihrem Hals. Außerdem fühlt sich ihr Bauch an manchen Tagen wie aufgebläht an. Mittlerweile war sie schon beim HNO-Arzt und beim Internisten, doch alle Untersuchungen einschließlich einer Magenspiegelung waren unauffällig. Da sie auch immer wieder unter Herzklopfen und Schwindel leidet, hat ihre Hausärztin sie außerdem zum Kardiologen überwiesen – doch auch am Herzen wurden keine Auffälligkeiten gefunden. Maria F. befürchtet, dass die Ärzte etwas übersehen haben – schließlich muss es doch eine Ursache für ihre Beschwerden geben!
Was steckt hinter unklaren Körperbeschwerden?
Viele Menschen leiden unter körperlichen Beschwerden, für die trotz umfangreicher Untersuchungen keine körperliche Ursache gefunden werden kann. Bei anderen werden zwar körperliche Auffälligkeiten festgestellt, doch diese können die Stärke der Beschwerden nicht hinreichend erklären. Betroffene fühlen sich von Ärzten häufig nicht ernstgenommen oder als „eingebildete Kranke“ eingeschätzt – dabei leiden sie sehr unter ihren Beschwerden. Da sie von einer körperlichen Ursache überzeugt sind, suchen sie oft viele Ärzte auf und lassen zahlreiche apparative Untersuchungen durchführen. Letztlich verlieren viele Betroffene das Vertrauen in das Gesundheitssystem.
Wie wird die Diagnose gestellt?
Selbstverständlich ist es wichtig, zunächst mögliche körperliche Ursachen abzuklären. Besonders bedeutsam sind die gründliche Erhebung der Krankengeschichte und die körperliche Untersuchung. Je nach Beschwerden und Befund werden gezielt auch weiterführende Untersuchungen (z. B. Blutuntersuchungen, Röntgen, Ultraschall) eingesetzt. Allerdings sollte von Anfang an auch die psychische und soziale Situation der Betroffenen erfragt werden. Denn Körper und Psyche eng miteinander verbunden. Stress und belastende Lebensereignisse können zu Veränderungen im Nervensystem führen, die wiederum körperliche Funktionsstörungen auslösen können. Diese sogenannten funktionellen Beschwerden sind also nicht eingebildet.
Wie werden unklare Körperbeschwerden behandelt?
Der wichtigste Schritt in der Behandlung unklarer Körperbeschwerden ist die Information des Patienten über die Zusammenhänge, die seinen Beschwerden zugrunde liegen. Körperliche Diagnostik sollte gründlich, aber immer im Rahmen des medizinisch Sinnvollen durchgeführt werden. Ungünstig sind ständige Wiederholungen von Untersuchungen wie z. B. MRTs, Blutuntersuchungen etc., denn dies führt langfristig zu noch stärkerer Verunsicherung.
Eine Psychotherapie hilft Betroffenen, die Zusammenhänge zwischen seelischen Belastungen und körperlichen Symptomen besser zu verstehen und belastende Erfahrungen zu verarbeiten. Im Rahmen der Verhaltenstherapie erlernen Patienten, bestimmte ungünstige Denk- und Verhaltensweisen (z. B. übermäßige Konzentration auf körperliche Empfindungen, Grübeln über Ursachen der Beschwerden) abzulegen. Zusätzlich können Entspannungsverfahren, Biofeedback und Physiotherapie helfen, das Vertrauen in den eigenen Körper zurück zu gewinnen.
Maria F. fällt es zunächst sehr schwer zu akzeptieren, dass keine „handfeste“ körperliche Ursache für ihre vielfältigen Beschwerden zu finden ist. Sie fühlt sich jedoch ernstgenommen und ist erleichtert, dass sie kein „Einzelfall“ ist. Sehr hilfreich ist für sie das Biofeedback, das ihr bildlich vor Augen führt, wie schnell das vegetative Nervensystem auf Stress bzw. auf Entspannung reagiert. So kann sie auch lernen, ihren Körper gezielt in einen entspannteren Zustand zu versetzen. Mit ihrer Verhaltenstherapeutin hat Maria F. herausgearbeitet, wie sich ihre Beschwerden entwickeln konnten - und Strategien gefunden, angemessener mit den Symptomen umzugehen. Und seit sie ihre Beschwerden besser einordnen kann, sind diese schon ein Stück weniger belastend.