Der 23-jährige Student David P. leidet seit einigen Monaten unter Schmerzen im unteren Rückenbereich, die vor allem in den frühen Morgenstunden auftreten. Manchmal ist das so unangenehm, dass er nachts aufstehen und umherlaufen muss, um die Schmerzen zu lindern. Morgens fühlt sich sein Rücken steif an. Außerdem macht sich der Schlafmangel bemerkbar: David P. kann sich an der Universität kaum noch konzentrieren.
Der Orthopäde, bei dem er sich schließlich vorstellt, befragt David P. zunächst nach seinen jetzigen und früheren Beschwerden und erkundigt sich auch nach Krankheiten in seiner Familie. Danach untersucht er ihn gründlich und achtet dabei besonders auf die Beweglichkeit der Wirbelsäule, die eingeschränkt ist. Schließlich nimmt der Arzt noch Blut ab und veranlasst eine MRT-Untersuchung der Kreuzdarmbeingelenke. Als alle Befunde vorliegen, informiert der Orthopäde David P. über die Diagnose: M. Bechterew. Er überweist ihn zu einem Rheumatologen, damit rasch die richtige Therapie eingeleitet werden kann.
Was ist Morbus Bechterew – und was ist die Ursache?
M. Bechterew (auch: Spondylitis ankylosans) ist eine entzündlich-rheumatische Erkrankung, die vor allem die Wirbelsäule und deren Verbindung zum Becken befällt. Entzündungen der Wirbelgelenke, zwischen Wirbeln und Rippen und zwischen Kreuz- und Darmbein können zu Verknöcherungen in diesen Bereichen führen. Dadurch kommt es zu zunehmenden schmerzhaften Bewegungseinschränkungen.
In Mitteleuropa ist ca. einer von 200 Menschen betroffen. Die Erkrankung wird meist zwischen dem 20. und 40. Lebensjahr diagnostiziert – zu diesem Zeitpunkt leiden Betroffene aber oft schon seit Jahren unter Rückenschmerzen.
Die genaue Ursache ist noch nicht abschließend geklärt, jedoch gehen wir von einer Fehlfunktion des Immunsystems aus. Genetische Faktoren spielen bei M. Bechterew eine Rolle, die Erkrankung tritt in Familien gehäuft auf.
Wie äußert sich der Morbus Bechterew?
Die meisten Betroffenen leiden zunächst unter tiefsitzenden Rückenschmerzen, die besonders in der zweiten Nachthälfte auftreten, und unter einer Morgensteifigkeit des Rückens. Die Schmerzen gehen von den Kreuzdarmbeingelenken aus und strahlen häufig ins Gesäß und die Oberschenkel aus. Bewegung bessert die Beschwerden, Ruhe hingegen nicht.
Bleibt ein Morbus Bechterew lange unbehandelt, verändert sich die Form der Wirbelsäule: Während die Lendenwirbelsäule flacher wird, krümmt sich Brustwirbelsäule immer stärker („Buckel“).
Auch verschiedene Gelenke können zusätzlich betroffen sein, außerdem treten bei manchen Patienten Entzündungen im Auge oder an inneren Organen auf.
Wie wird die Diagnose gestellt?
Der Rheumatologe erfragt Beschwerden und Vorgeschichte und führt eine körperliche Untersuchung durch. Dabei achtet er besonders auf Bewegungseinschränkungen der Wirbelsäule und der Gelenke. Durch eine Blutuntersuchung lässt sich das HLA-B27-Antigen nachweisen, das bei den meisten Bechterew-Patienten vorhanden ist. Es ist aber nicht beweisend für die Erkrankung. Zusätzlich sind meist Röntgen- und ggf. MRT-Untersuchungen erforderlich.
Was kann die rheumatologische Therapie erreichen?
Der Morbus Bechterew ist nicht heilbar, kann aber gut behandelt werden. Ziel der rheumatologischen Therapie ist es, Entzündungen, Schmerzen und Steifigkeit zu reduzieren und die Beweglichkeit langfristig zu erhalten.
Welche Medikamente werden eingesetzt?
Die wichtigsten Medikamente lassen sich 3 Hauptgruppen zuordnen:
Regelmäßige Verlaufskontrollen sind erforderlich, um die Aktivität der Erkrankung und mögliche Nebenwirkungen der Medikamente zu erfassen.
Gibt es auch nicht-medikamentöse Therapien?
Gerade beim Morbus Bechterew ist Bewegung eine wesentliche Säule der Therapie. Im Rahmen der Physiotherapie lernen Betroffene, spezielle Gymnastikübungen selbst durchzuführen, die die Beweglichkeit von Wirbelsäule und Gelenken langfristig erhalten sollen. Ziele der Ergotherapie sind z. B. das Erlernen gelenkschonender Bewegungsabläufe und auch die korrekte Anwendung von Hilfsmitteln im Alltag.
Die Physikalische Therapie (z. B. Wärme- oder Kälteanwendungen) dient vor allem der Schmerzlinderung.
Außerdem können bestimmte Verhaltensweisen (z. B. Nikotinkarenz, Ernährungsumstellung) hilfreich sein.
Der Rheumatologe stellt David P. auf wirksame Medikamente ein, die den Krankheitsverlauf langfristig positiv beeinflussen. Die Schmerzmittel, die er bisher eingenommen hat, benötigt er nach einiger Zeit nicht mehr. Doch ebenso wichtig ist die Physiotherapie, in der David P. lernt, spezielle Bewegungsübungen regelmäßig in seinen Tagesablauf zu integrieren. Er hat sich ausführlich über seine Erkrankung informiert und weiß, dass der langfristige Verlauf entscheidend von seiner Mitarbeit abhängt. Mittlerweile schläft er deutlich besser und fühlt sich auch seinem Studium wieder gewachsen.